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Der sakrale Raum und seine Ekstase

in der geschichtsträchtigen Palladio - Basilica San Giorgio Maggiore in Venedig zu sehen.

Ein direkte Auseinandersetzung mit der Architektur der Abtei, eines der bedeutendsten Klöster des Ordens.

 

Schwebende Skulpturen

Der erste Eindruck ist schier atemberaubend: Ein breites Bassin von neun Metern Durchmesser hat sich um den Kreuzpunkt des Kirchenraumes gelegt. Keine Farben, nur tiefes Schwarz. Darüber thront, zentral unter der Kuppel des Domes, das Herzstück der Ausstellung - eine Installation aus sieben Bronzeskulpturen, die zusammen eine monumentale Dornenkrone formen. Die Skulpturen scheinen zu schweben und es wirkt, als seien sie aus höchster Höhe auf den Erdgrund heruntergestürzt. So beschreibt es der deutsche Kunstverständige Friedhelm Mennekes S.J. "Der Blick auf die Dornen, die sich aus dem Wasser erheben, schafft beim Betrachter Angst und Schrecken.“ Tatsächlich hat Vockenhuber den Raum der Basilica erregend dramatisiert: Die Menschen, die die Kirche betreten, zeigen sich überwältigt, gehen minutenlang um die Skulpturen und lassen Installation und Raum auf sich wirken. Selbst zu Stoßzeiten herrscht Ruhe. Die Wirkung, die die rundherum begehbare Installation auszulösen vermag ist förmlich zu spüren, so greifbar, so erfahrbar macht sie menschliche Tragödie und menschliches Leid.

 

Erfahrung des sakralen Raums

Etwas, das sich am besten als intensive Erfahrung des sakralen Raumes beschreiben lässt, wird möglich: "Gehen die Menschen ihr Sehen nicht mehr mit den Augen an, sondern erfahren den Raum und vertiefen ihn, verdichten sie zugleich ihren Blick", sagt Mennekes. "Staunend werden sie damit befasst, diesen Eindruck am sakralen Ort zu verstehen und meditativ zu erahnen." Die Blicke der beeindruckten Besucher, so Mennekes weiter, "flüchten sich schnell - hinein in den weiten Raum der Kirche, in den Abgrund der Tiefen und in die Höhen und Weiten der Bilder, die das Entsetzen der Kreuzigung Christi und der gesteinigten Märtyrer von Tintoretto widerspiegeln.“ Die Erinnerung an die Passion und den Tod Christi wird so heraufbeschworen. Doch die Krone, ikonisches Symbol des Leidenswegs Christi, ist in sieben Stücke zerschlagen. Der Kreis des Bösen ist somit durchbrochen. Trotz aller berechtigen und auch beabsichtigten Erinnerung an die Passion geht die Bedeutung des Werks aber weit über die religiöse und spirituelle hinaus: "Mit der künstlerischen Arbeit bringe ich ganz allgemein meine Dankbarkeit für die Schöpfung, das Leben, zum Ausdruck", beschreibt es Helga Vockenhuber. 

 

Zerbrechliche Verbindung

"Bei Belonging geht es mir speziell um jede Form von Verbundenheit und die Herausforderung, sich zu verbinden", so die Künstlerin. Wert und Bedeutung sozialer Verbindungen ließen sich in einer Zeit, in der die Anzahl neuer Kommunikations-Tools ebenso exponentiell zu steigen scheint wie Isolation und soziale Vereinsamung schließlich nicht hoch genug einschätzen. "Social Distancing und Krieg stellen das Miteinander auf eine harte Probe. Menschliche Beziehungen, ihre Brüche und Konflikte, die inneren Affinitäten und die physischen Aktionen, die mit Beziehungen einhergehen werden noch zerbrechlicher und verletzlicher als sie ohnedies schon sind.“ Die Installation macht uns diese verletzliche Zerbrechlichkeit durch ihre Wucht intensiv erfahrbar.

 

Benedicti Claustra Onlus

Belonging in der Basilica läuft parallel zur Biennale und ist einer Kooperation mit dem benediktinischen Mönchsorden. Als Teil des größeren Programms "Art saves Art" werden in der beeindruckenden Palladio-Basilika in Venedig immer wieder Kunstwerke von herausragendem künstlerischem und spirituellem Wert gezeigt. Die Anwesenheit zeitgenössischer Kunst an einem geweihten Ort soll über die Konfrontation die Sensibilität der BesucherInnen für Kunst anregen und einen offenen Dialog initiieren.

 

Benedicti Claustra Onlus entstand aus dem Wunsch der Benediktinermönche heraus, durch kooperative Projekte zur Entwicklung von Kunst beizutragen und künstlerische Forschung zu fördern und zu unterstützen, die seit jeher die bevorzugten Kanäle für die Evangelisierung und das Wachstum eines authentischen Humanismus sind.

 

Helga Vockenhuber 

(*1963 in Mondsee) ist eine österreichische Künstlerin. Ihre Skulpturen beschäftigen sich mit den zentralen Fragen der Weltreligionen und dem Weg des Individuums zu innerem Frieden. Vockenhubers Kunst ist immer mächtig und zärtlich zugleich. Ihre Skulpturen rücken die Einzigartigkeit des Menschen in den Vordergrund und erzählen von überirdischer Ruhe und innerer Gelassenheit, von der Versöhnung des Ichs mit der oftmals brutalen Welt, die uns umgibt. "Ich möchte dem Alltag eine Seele geben", sagt sie, " und Dinge erschaffen, die den Blick der Menschen auf die Welt verändern.“ In ihrer Kunst geht darum, "die Verwirrungen einer Gesellschaft zu überwinden, die den Begriff Seele anscheinend von ihrem kulturellen Horizont verbannt hat", wie es Gerhard Zschock im Buch "Soli Deo Gloria" ausgedrückt hat.

Infos

Event Type
Exhibition
Date
-
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Artist(s)

Details Name Portrait
Helga Vockenhuber

Institutions

Title Country City Details
Basilica di San Giorgio Maggiore
Italy
Venezia