Raphael Bottazzini — Time Boards, One
Raphael Bottazzini spielt mit Namen und unseren Assoziationen, unseren Erwartungen, unserer vermeintlichen Sicherheit über das War, das Sein, das Werden unserer Weltsicht. Wir bauen sie schließlich auf dem Kennen, Erkennen und Wiedererkennen auf – und auf unserem Streben, das Erkannte zu kontextualisieren.
Auf höchst widersprüchliche Art bearbeitet er in seinen „Time Boards“ zwei glatt gehobelte und mit Nut und Feder versehene Hölzer, versieht die eine Seite mit sechs Plaketten, säuberlich mit Namen graviert, regelmäßig untereinander angeordnet. Auf der zweiten Platte zitiert Bottazzini, mit Schlagbuchstaben ins Holz gehauen, die Ikone der Pop-Art, Andy Warhol.
Man erlebt also beim ersten Betrachten eine gewisse Irritation: Alexander Litwinenko, Alexei Nawalny, Wladimir Putin, Boris Nemzow, dazwischen der in seiner Durchschnittlichkeit herausstechende Name Johann Schmidt. Wer ist Johann Schmidt? Und was hat er mit Putin und der Liste der Opfer russischer Geheimdienste und russischer Justiz zu tun? Sollte ich diesen Namen in diesem Kontext erkennen? Und warum ist das unterste Schild leer? Für wen? Für die Namen von morgen?
Wir werden zu Suchenden, Streben nach dem Erkennen eines Zusammenhangs. Vielleicht vermag das zweite „Time Board“ aufzuklären?
Nicht nur haptisch stellt es einen Kontrapunkt zu den klaren Formen und der visuellen Ordnung des ersten Bretts dar, auch inhaltlich werden wir hier mit einer längeren Aussage Warhols zu unserer eigenen Position im Strom der Zeit konfrontiert. Die groben, unregelmäßigen Buchstaben weisen uns auf die Widersprüchlichkeit unserer Wahrnehmung hin, wir sehen in die Zukunft, stehen aber, auf der Vergangenheit fußend, in unserer ganz eigenen Gegenwart. „The moment you label something, you can never go back to seeing it unlabelled“, sagt Warhol über die Wahrnehmung der Welt.
Die Arbeit solle keine politische sein, so der Künstler selbst. So ganz glauben mag man ihm das an dieser Stelle nicht, schließlich spielt er mit unseren Etiketten, unseren Erinnerungs-Labels angehängt an die verschiedenen plakettierten Namen. Aber: Es ist unser Vorwissen, es sind unsere Erinnerungen, die die politische Dimension erzeugen.
„The mystery was gone, but the amazement was just starting”, so Warhol. Für uns indes ist das Rätsel alles andere als gelöst. Vielleicht darum der leere Platz auf der Plakette – sie ist ein Platz für unseren Schritt in die Zukunft. Also: Let’s be amazed.
Niels ten Brink
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