Die Pace Gallery zeigt die Ausstellung ‹Light› Werke der amerikanischen Künstlerin Kiki Smith aus den späten 1990er-Jahren bis 2019. Sie umfassen Smiths zentrale Themen wie Spiritualität, Sterblichkeit, Mystik und die Verbindung des Menschen mit der natürlichen Welt sowie ihr gesamtes Spektrum der künstlerischen Medien: Skulptur, Tapisserie, Druckgraphik und Arbeiten auf Papier. Sibylle Omlin
Genf — Eine Jaccard-Tapisserie im Eingangsbereich zur Strasse hin zeigt eine Frau mit Schlange, Baum und Kleeblättern. Eine Naturheilige? Eine Dämonin? Neben der Tapisserie hängt eine filigrane Bronzeskulptur ‹Oak Leave ‚Oak Leaves IV›, 2018. Die Wände der Pace Gallery sind blau gestrichen: ein lichtvoller Nachmittag entfaltet sich um die Objekte, Skulpturen, Druckgraphiken und Malereien der amerikanischen Künstlerin Kiki Smith (*1954) und leiten eine Wiederbegegnung in Genf mit dieser Künstlerin nach dreissig Jahre ein – das Centre d’art contemporain de Genève hatte ihr im Jahr 1990 eine wichtige Einzelausstellung eingerichtet.
Bis heute ist ein grosser Teil von Kiki Smiths Werk von der Natur inspiriert. Es umfasst wissenschaftliche anatomische Darstellungen aus früheren Jahrhunderten bis hin zu Memento mori, Elemente aus Folklore, Mythologie, byzantinischer Ikonographie und mittelalterlichen Bildquellen, die sich in der Genfer Ausstellung auf die wörtliche und symbolische Bedeutung des Lichts konzentrieren. Und immer wieder haben Frauenfiguren und auch ihre eigene Biographie in ihrem Werk eine wichtige Rolle gespielt.
Die Wandskulpturen aus Bronze ‹Sungrazer›, 2019, sind ein Beispiel für Kiki Smiths Interesse an der Ästhetik und den Prozessen des Lichts auf der Oberfläche von Metall. Auch in der Druckgraphik spielt das Licht eine wichtige Rolle. Die Cyanotypie-Drucke ‹the light of the world›, 2017, die durch Ätzen feiner Markierungen auf Plexiglasplatten und anschliessendes Übereinanderlegen auf lichtempfindlichem Papier entstehen, sind ein neuere Fokus in der langjährigen druckgrafischen Praxis der Künstlerin. Kiki Smith spielt mit der Lichtbrechung, wodurch unterschiedlich scharfe und schwache Eindrücke entstehen. Die daraus resultierenden traumhaften Kompositionen thematisieren nicht nur die Systeme unseres Kosmos, sondern auch die Art und Weise, wie das Licht die uns umgebende Welt formt, aber auch verzerrt und verwischt. Auf diese Weise versucht Smith die vielfältigen Möglichkeiten zu erforschen, wie Licht genutzt und erfahren wird.
In ihrer künstlerischen Praxis schafft Kiki Smith Arbeiten, in der alle Dinge – seien es Menschen, Tiere, Technik oder Natur – gleich gewichtet werden. Das Kleine wie das Grosse, das Nahe wie das Ferne. Ob es sich um die Armlängen grosse, im Raum hängende Alu-Wandskulptur, ‹Spiral Nebula (Large)›, 2017, oder um die Zeichnung einer kleinen, am Ast hängenden Glühbirne in ‹Summer›, 2008, handelt, Kiki Smith integriert wie eine mittelalterliche Buchmalerin Mikrokosmos und Makrokosmos in dieses weltumspannende Reich.