Linda Bilda: Die goldene Welt
Linda Bilda (*1963 in Wien als Linda Czapka, † 2019 in Wien) war Künstlerin, Verlegerin, Unternehmerin, Ausstellungsmacherin, Performerin, Comiczeichnerin, Aktivistin, Lehrende. Ihre künstlerische und ihre politische Praxis waren eingebettet in zahlreiche selbstorganisierte Zusammenhänge in Wien.
Beeinflusst von der Praxis der Situationistischen Internationale entwickelte Bilda ihre künstlerische Haltung als eine Möglichkeit, in einen auf Warenförmigkeit ausgelegten Kunstmarkt zu intervenieren und diesen zu unterlaufen. Ihrem Anspruch an eine emanzipatorische Bildproduktion lag eine ausführliche Untersuchung jener Strukturen zugrunde, die unsere Realität und damit unsere Bild- und Vorstellungswelt prägen. Der in der Ausstellung im Kunsthaus Glarus gezeigte Comic Die goldene Welt versucht nachzuvollziehen, wie ökonomische Strukturen Realität produzieren, wo sie zur tatsächlichen Realität werden und wo Brüche in dieser Realität zu finden sind. Der Comic Die goldene Welt beruht auf dem 1976 veröffentlichten Text Eine Untersuchung über die Ursache und das Wesen des Elends der Menschen des post-situationistischen französischen Philosophen J. P. Voyer.
Als Herausgeberin ihres Comicprojekts No Polit Comics oder No_Politcomix (1994–2005) und von weiteren, häufig kollektiv organisierten Projekten wie der Zeitschrift Artfan (1991–1996, zusammen mit Ariane Müller) oder Die weisse Blatt (1999–2005, u. a. gemeinsam mit Ulrike Müller, Kristina Haider und Nora Hermann) arbeitete Linda Bilda immer von der aktuellen Situation aus, kritisierte sexistische und faschistische Politiken und deren Ursprung in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung und propagierte eine neue Form des Zusammenlebens.
Bildas Skulpturen und Objekte aus farbigem Plexiglas und dem von ihr selbst entwickelten Material LightGlass, von denen eine Auswahl im Kunsthaus Glarus zu sehen sind, imaginieren Szenen aus einem post-kapitalistischen (Kunst-)Alltag. Linda Bilda hat sich nicht gescheut, sich den Widersprüchen einer künstlerisch-politischen Praxis auszusetzen. Die ästhetisch-politischen Freiräume, die Bilda durch ihre medien- und kulturfelderübergreifende Arbeit mit schuf, sind heute umso relevanter.
Linda Bilda ist als Künstlerin, durch Comiczeichnungen, als Mitherausgeberin mehrerer Kunstzeitschriften und Organisatorin von diversen Ausstellungsräumen (ART CLUB und Galerie nächst der Fremdenpolizei) in Wien bekannt geworden. Sie war Mitglied der Vereinigung Bildender KünstlerInnen der Wiener Secession. 2011 wurde Bilda mit dem Outstanding Artist Award (Bildende Kunst) durch das österreichische Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur ausgezeichnet. Das Lentos Kunstmuseum Linz zeigte 2020/21 eine Retrospektive mit dem Titel Linda Bilda. Amor vincit omnia. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen gezeigt, unter anderem in den Ausstellungen Capture Captures, Universitätsgalerie der Angewandten im Heiligenkreuzerhof, Wien (2022), Publishing as an Artistic Toolbox: 1989–2017, Kunsthalle Wien (2017), It's The Political Economy, Stupid, Contemporary Art Centre of Thessaloniki (CACT) (2012), Beziehungsarbeit - Kunst und Institution, Kunsthaus Wien (2011), Zukunft und Ende der goldenen Welt, Salzburger Kunstverein (2009), Schritte zur Flucht von der Arbeit zum Tun / Ex Argentina, Museum Ludwig, Köln (2004) und Linda Bilda for Ernst Schmidt jr., Secession, Wien (2001).
In Zusammenarbeit mit dem Nachlass Linda Bilda und dem Archiv und Dokumentationszentrum für zeitgenössische Kunst – basis wien.
Im Rahmen der Ausstellungsvorbereitungen wurde das existierende Material zum Comic Die goldene Welt erneut gesichtet. In Zusammenarbeit mit dem Nachlass Linda Bilda wird er im Sommer 2025 in einer neueditierten Fassung herausgegeben.
Zur Ausstellung erscheint eine Interviewbroschüre mit Gesprächen zwischen Helene Baur, Lucie Pia, Felix Zabel (Nachlass Linda Bilda) und Melanie Ohnemus.
Vortrag zum Nachlass Linda Bilda
mit Helene Baur und Lucie Pia
So, 25.5., 15 Uhr
Der Nachlass Linda Bilda befindet sich im ehemaligen Atelier der Künstlerin in der Zacherlfabrik, 1190 Wien. Seit 2023 wird an seiner Aufstellung, Katalogisierung und Präsentation gearbeitet. In ihrem Vortrag sprechen Helene Baur und Lucie Pia über die Konzeption und ihre gemeinsame Arbeit daran. Anhand der Präsentation verschiedener Archivalien werden Einblicke in Linda Bildas komplexes Werk gewährt und sowohl Fragen zu der Erschliessung einer zeitgenössischen aktivistischen Kunstpraxis in den Fokus gestellt als auch formale und inhaltliche Bezüge zur Ausstellung in Glarus nachgezeichnet.
Helene Baur, (*1985 in Graz) lebt und arbeitet in Wien, wo sie gemeinsam mit Andrea Neidhöfer und Verena Lindner das basis wien - Archiv und Dokumentationszentrum für zeitgenössische Kunst - betreibt. In diesem Zusammenhang initiierte sie 2021 den Aufbau zum Nachlass Linda Bilda.
Lucie Pia (*1993 in Bern) ist Kuratorin und Kunsthistorikerin, zurzeit als Assistenz Kuratorin am Kunstverein München tätig. Bis 2024 arbeitete sie an der Groberschliessung des Nachlasses von Linda Bilda. Sie realisierte unabhängig Ausstellungen und diskursive Veranstaltungen für verschiedene Institutionen und unterrichtete an der Universität Wien, sowie der Universität für angewandte Kunst Wien.
Artistes
Détails | Portrait | Name |
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Linda Bilda |
Articles
Title | Type | Issue | Images | Détails |
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Linda Bilda / Rochelle Feinstein — Zwei Unangepasste | Besprechung | Kunstbulletin 5/2025 |
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Institutions
Détails | Title | Country | City |
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