Zürich — Die schwedische Fotografin Lina Scheynius (*1981, Vänersborg, Schweden) ist Autodidaktin und fotografiert unermüdlich seit ihrem zehnten Lebensjahr, als sie eine Kamera geschenkt bekam. Zunächst lichtete sie ihr Umfeld ab. Mit der Zeit hat sie den Blick auf sich selbst, namentlich auf ihren nackten Körper gerichtet.
Seit 2006 veröffentlicht sie ihre Fotografien über Flickr, später kamen Tumblr, Facebook und Instagram hinzu. Gleich hatte sie sehr viele Followers, die zunehmend eine grosse Fangemeinde bilden. Social Media setzt Lina Scheynius ein, um ihre visuelle Leistung zu präsentieren und zu experimentieren. «Ich mag wirklich, dass auf online nichts dauerhaft ist», erklärt sie, und dies gibt ihr ein Gefühl der Freiheit. Am liebsten dokumentiert sie ihre Fotografien in selbstveröffentlichten Fotobüchern. Ihr erstes brachte sie 2008 heraus, darauf folgte fast jedes Jahr ein weiteres, gebundenes Nachfolgemodell und nun ist mit dem eben erschienen Buch eine neunteilige Reihe von offenen Journalen zusammengekommen. Ausser den differenten schwarz-weiss Fotografien sind die meisten der darin abgebildeten Werke auch in der Ausstellung zu sehen. Es sind Nackt-, Naturaufnahmen und Stillleben. Scheynius’ Umgang mit Nacktheit ist erfrischend natürlich und unbeschwert. Davon zeugt eine Reihe von Fotoarbeiten, die zufällig, fast roh aussehen, doch atmosphärisch aufgeladen sind: Etwa Lina Scheynius nackt auf einem Bett mit zerknülltem Bettlaken liegend, eingetaucht in ein zartes Lichtspiel. Die Lichtführung ist ausgeklügelt und die Komposition fein austariert. Als üppig-fleischlich nimmt sich der Blick ins Innere einer Rose aus, der die verwickelten Linien ihrer überlappenden Blumenblätter darstellt. Immer wieder hat die Fotografin in träumerisch beleuchteten, pastellfarbenen oder monochromen Kompositionen ihre Liebe zur Natur bekundet.
Mittlerweile arbeitet sie vermehrt mit Andeutungen: zum Beispiel mit einer leuchtend roten, angebissenen Pflaume in ihrer auf ihrem Oberschenkel ruhenden Hand. Diese Tendenz des «sich zurück nehmens» verstärkt sie noch mit den Mehrfachbelichtungen. In ‹Me in South of France, Summer 2016› tauchen in einer doppelt belichteten Fotografie hinter einer Fülle von kleinen Blüten der Fuchsien die Kontouren der Künstlerin auf, die so mit der Umgebung zu verschmelzen scheint, und dennoch ihrer Sprache treu bleibt, die Motive ineinander übergehen zu lassen.